Studium

Medienethik – Stoppt die Verrohung der Medien!

Studium

Medienethik – Stoppt die Verrohung der Medien!

Jeder kennt sie, die TV-Sendungen, die gerne als „Assi-TV“ beschrieben werden. Seit einigen Jahren schon haben insbesondere die privaten TV-Sender ein unappetitliches TV-Programm entwickelt.  –  Ein Text über die Verrohung der Medienlandschaft und wie wir Medienstudierenden insbesondere den Umgang der Fernsehlandschaft mit dem Thema Medienethik reflektieren sollten.

Es sind schwierige Zeiten für die klassischen Medienhäuser. Quotenrückgänge, Auflageneinbrüche und hinzukommende starke Konkurrenz aus neuen Welten. Gerade das Internet macht den Medienhäusern zunehmende große Schwierigkeiten. Alleine die Auflagenzahlen der großen deutschen Tageszeitungen zeigen ein verheerendes Bild. Innerhalb der letzten knapp 20 Jahre ging hier die Zahl der verkauften Exemplare um rund 50 Prozent zurück. Aber auch die Fernsehlandschaft steht unter gewaltigem Druck. Gerade der Anteil der jungen Bevölkerung an der Gesamtreichweite mag so manchem Intendanten schlaflose Nächte bereiten. Allgemein lässt sich feststellen, dass die nachkommenden Generationen offensiver die populären Konkurrenten aus der neuen Welt nutzen. Man fragt sich geradezu, wie viele der jungen Menschen überhaupt noch einen eigenen Fernseher in ihrem Wohnzimmer stehen haben.

Aufreger gegen die Quotenverluste

All dies kann keine gesunde Mischung für Qualität und Sorgsamkeit im Umgang mit bestimmten Werten sein. So zeigt sich deutlich, wie die etablierten Medienhäuser diese Quoten- und Auflagenrückgänge mit teilweise niederen Mitteln bekämpfen wollen. Da gibt es Formate, die einen von durchschnittlichem Mitleids- und Werteverständnis geprägten Menschen erschaudern lassen. Auf teils menschenverachtende Weise, werden Menschen in diesen Sendungen degradiert und zur Schau gestellt, nur um die Quoten einer bestimmten Sendezeit doch noch irgendwie zu retten. Vergleicht man diese TV-Programme mit älteren Formaten zu ähnlichen Zeiten, fällt auf, dass sich das Fernsehen stark verändert hat. Wurden damals über den Tag verteilt Informationssendungen mit Wissensformaten und klassischer Unterhaltung wie Spielfilmen ausgestrahlt, finden sich heute die oben genannten Formate häufiger wieder als diese klassische Information und Unterhaltung. Natürlich sind die etablierten Medienhäuser gezwungen auf die Konkurrenz aus dem Internet zu reagieren. Zeichnete sich das Fernsehen jedoch nicht schon immer dadurch aus, dass es hochwertig produzierten Content, der zudem noch aufwendig recherchiert war, darzustellen? Von dem scheint heute nichts mehr geblieben. Es scheint nur noch darum zu gehen, die Gürtellinie des Sendbaren immer weiter nach unten zu versetzen. Die Frage, die sich die Produzenten, insbesondere der nachkommenden Generation stellen müssen ist, ob sich Content nicht wieder gehaltvoller und inhaltsreicher produzieren lässt, und er damit nicht schlussendlich sogar erfolgreicher wäre? Und ob es für die Branche nicht eher rufschädigend ist, wenn auf der Straße Menschen die Frage: “Wie stehen Sie zu dem aktuellen TV-Programm?“ mit „Diesen Müll schaue ich gar nicht mehr an!“ beantworten? Das Abwandern zu alternativen Medienkanälen ist in vollem Gange und es scheint nicht, dass dies mit den derzeitigen Inhalten gestoppt werden kann.

TV-Sehdauer der verschiedenen Altersgruppen in Minuten pro Tag. Der Verlust der jungen Zielgruppe ist deutlich zu erkennen. Quelle DWDL.de, eigene Produktion
TV-Sehdauer der verschiedenen Altersgruppen in Minuten pro Tag. Der Verlust der jungen Zielgruppe ist deutlich zu erkennen. Quelle DWDL.de, eigene Produktion

Unterhaltung ist alles!

Um sich einen Überblick darüber zu verschaffen was genau gesehen wird, ist es nötig sich mit den verschiedenen Genres im Fernsehen auseinanderzusetzen. Hier lässt sich schnell feststellen, dass Unterhaltung im Fernsehen die größte Rolle spielt. Genau diese Sparte ist es aber auch, die Produzenten insbesondere der privaten TV-Sender vor die größten Probleme stellt. Sind die Sendungen nicht extravagant oder in diesem Fall verroht genug, werden sie nicht eingeschaltet. Die Einschaltquote ist aber gerade für diese Medienhäuser von größter Bedeutung, da sie die Einnahmequellen an Werbung sichert. Somit wird auch schnell klar, warum die privaten Medienunternehmen so aggressiv Formate vorantreiben, die als „Aufreger“ gelten. Sie sind die Cash-Cows der Medienhäuser. Die Süddeutsche Zeitung sieht die Einschaltquote in einem Beitrag sogar als Art künstlerische Geisel. Allerdings wäre es illusorisch zu glauben, dass Fernseh- oder Filmproduzenten jemals ohne sie überleben könnten. Und so liegt es an den Produzenten selbst wieder Qualität ins Fernsehen zu bringen. Viel zu lange wurde sowohl im Print als auch im TV schon nach Auflagen und Quoten produziert. Der Erfolg Netflix‘s zeigt aber auch eines: Der Zuschauer würdigt hochwertig produzierten Content und ist sogar bereit dafür einen monatlichen Beitrag zu bezahlen.

Positive Veränderung dringend benötigt

Somit bleibt nur eine Schlussfolgerung: Die nachfolgende Generation muss sich von dem bis zuletzt gültigen Mantra des kurzlebigen Quotenzwangs und der einstweilen niveaulosen Effekthascherei befreien und versuchen hochwertiges Material zu erzeugen, welches sich von den tragischen Formaten, die zuweilen in der deutschen TV-Landschaft ausgestrahlt werden, abhebt. Die deutsche Medienlandschaft und deren gut ausgebildeter Nachwuchs sollte die Produktion hochwertiger Inhalte nicht nur amerikanischen Konzernen überlassen, sondern selbst den Sprung von den inhaltsleeren Lückenfüllern mit fragwürdiger Moral, hin zu den aufwendig produzierten TV-Inhalten starten. Dann kann auch das klassische Fernsehen mit qualitativ hochwertig und heimisch produziertem Content eine rosige Zukunft haben.

Zu diesem Thema hält Professor Heiner Behring auch eine Vorlesung „Medienethik“ an der Hochschule Offenburg.

Quellen
  • http://www.spiegel.de/kultur/tv/ard-und-zdf-das-klassische-fernsehen-verliert-zuschauer-a-1185489.html
  • http://tvprogramme.net
  • https://www.abendblatt.de/kultur-live/tv-und-medien/article212977087/Marktanteile-2017-Klassisches-Fernsehen-verliert-Zuschauer.html
  • http://www.sueddeutsche.de/medien/tv-zuschauerzahlen-der-tag-an-dem-die-quote-starb-1.3832326
  • https://www.augsburger-allgemeine.de/wirtschaft/Boom-haelt-an-Netflix-Erfolg-uebertrifft-die-Erwartungen-id50887231.html
  • https://www.hs-offenburg.de/personendetailseite-lsf-cache/lsf/16/12/
Bildquellen
  • Titelbild: eigene Produktion
  • Grafik 1: eigene Produktion, DWDL.de